Seit wir Kinder waren, wurde uns gesagt, dass die Welt “einfach so ist”. Wenn wir älter werden, fragen wir uns, obwohl die Welt wiklich so sein muss? Der polnische Künstler Pawel Kuczynski und der österreichische Künstler Gerhard Haderer haben ihr Talent genutzt, um diese Frage mit Satire zu beantworten. Satire, die nicht nur zum Nachdenken anregt, sondern auch daran erinnert, dass wir es besser machen können.

Schauen wir uns diese unglaublich kraftvollen Illustrationen an und fragen wir uns, ob wir dem, was die Künstler zu vermitteln versuchen, zustimmen wollen oder nicht. So oder so werden uns die Bilder sowohl zum Lachen als auch zum Nachdenken bringen.

Facebook, der öffentliche Beichtstuhl

Bekenne deine Sünden heimlich und Facebook wird sie in die Welt hinaustragen. Unter seinen vielen Äußerungen gibt es einen Kritikpunkt, der in Kuczynskis Zeichnung immer wieder auftaucht: Die Macht von Facebook in unserer modernen Welt.

In dieser Illustration zeigt er einen Mann in einem ungewöhnlichen Beichtstuhl, der von einer neuen Religion, von Facebook, geprägt ist. Die Beichten werden direkt mit der Welt geteilt.

Oh, schau, der braucht Hilfe. Schnell fotografieren!

Diese Zeichnung trifft viele uns ziemlich hart. Der Zugang zu Telefonen und Kameras hat unseren Alltag zweifelsohne stark bereichert. Wir setzen die Technik aber nicht immer angemessen ein.

Es ist leider allzu oft üblich geworden, eine Person in Not zu fotografieren, anstatt Hilfe anzubieten. Gaffer behindern nicht nur den Verkehr, sie erschweren oftmals sogar Rettungsmassnahmen.

Die Perlen der Literatur

Die Zeichnung könnte darauf anspielen, dass man den Schatz eines Buches nur in einem gedruckten Buch und nicht in einem Kindle findet. Es gibt aber viele Menschen, die mit einem ebook-Reader – der eben nicht ständig neue Nachrichten signalisiert – genauso in die Handlung eintauchen können, wie bei einem gedruckten Buch.

Es ist auch denkbar, dass Kuczynski darauf hinzuweisen möchte, dass Bücher in einer eines Tages zu den wahren Schätzen der Welt werden. Da Fernsehen, Computer, soziale Medien und Bildschirme die Oberhand gewinnen, werden Bücher immer seltener.

Herr, unser täglich WLAN gib uns heute

Eines der umstrittensten Themen unserer Zeit. Das Handy. Diesem Bild zur Folge vermuten wir, dass Kuczynski nicht allzu beeindruckt davon ist, wohin sich der Trend entwickelt. Die traurige Illustration zeigt eine Familie, die ein Gebet spricht, während jeder es von einem eigenen Bildschirm abliest.

Die Zeichnung erinnert uns daran, dass die Abhängigkeit von Bildschirmen viele Aspekte der Gesellschaft beeinflusst, einschließlich der Fähigkeit, ein Gebet zu sprechen, ohne es von einem Tablet zu lesen.

Nur nicht hervorstechen

Es gibt ein altes japanisches Sprichwort, das besagt: “Der Nagel, der herausragt, wird eingeschlagen.” Das Sprichwort passt auch gut auf diese Illustration. Wer überleben will, muss mit der Masse mitschwimmen und den Kopf unten behalten.

Man sagt ja auch: Die einen Chefs fordern Dich auf, Dich richtig einzusetzen, mit Deiner Leistung herauszuragen. Dann kommen aber die anderen Chefs mit der Astschere und stutzen alles, was herausragt ordentlich zusammen.

Nur selber lesen macht schlau

Der Märchenonkel liest den Kindern eine Geschichte vor. Eigentlich eine nette Geste und viele von uns erinnern sich gerne daran, staunend einem Opa oder einer Oma zugehört zu haben.

Doch wenn wir nur auf das hören, was uns ein alter Mann sagt, verpassen wir viele eigene Entdeckungen. Jeder Mensch ist anders und nicht jede Geschichte passt zu jedem Menschen.

Warum isst Du nichts?

Hier hat Kuczynski einen Dauerbrenner angesprochen. Die reichen Staaten unseres Planeten nutzen ihre technische und wirtschaftliche Überlegenheit um die armen Länder auszubeuten.

Zu viele Menschen auf dieser Welt haben Hunger und haben kaum oder gar keinen Zugang zu Nahrung für sich und ihre Familien. Doch die reichen Hände lassen sich vom Hunder ihres Gegenüber nicht vom Essen abhalten.

Fernsehen schränkt ein

Deutsche machen in ihrer Freizeit am liebsten – nix! Sie lassen sich berieseln. Der Besteiger des Buches wirkt nicht direkt glücklich, aber auf jeden Fall ist er körperlich dazu in der Lage. Die drei Fernsehschauer sind alle massiv übergewichtig.

Das tückische ist sicherlich, dass diese Einschränkung schleichend geschieht. Wir bilden uns nicht weiter, wir bewegen uns weniger, wir gehen weniger aus. So haben der Fernseher und Handy durchaus die Macht uns zu behindern.

Das weite Meer und die Pfütze

Kuczynski scheint keine Gelegenheit auszulassen, die Technologie und unsere Abhängigkeit von ihr zu kritisieren. Vielleicht ist seine Kritik nicht so sehr die Tatsache, dass wir sie benutzen, sondern die Tatsache, dass sie uns komplett in die seichte Banalität des Internets gesaugt hat.

Und während wir im seichten Geplänkel unseres Handy stecken bleiben, ist die Tiefe und Weite eines guten Buches einerseits nah aber doch schier unendlich weit fort – weil wir es verlernt haben zu lesen.

Zu viele Politiker reden Müll

Kuczynski hat eine Art, wirklich traurige Dinge so darzustellen, dass wir für eine Sekunde den Drang verspüren, zu lachen, während wir innerlich wütend werden. In dieser Illustration zeigt der Künstler den anhaltenden politischen Müll.

Man könnte auch sagen: immer der gleiche Müll, denn jeder Politiker auf der Zeichnung sieht gleich aus. Das liegt sicherlich auch daran, dass die meisten Politiker nur sagen, was hilft wieder gewählt zu werden. Die Wahrheit meiden die meisten.

Die ständige Bedrohung

Hier hat uns Kuczynski sehr schön gezeigt, wie ein Schwarm von digitalen Geräten auf uns lauert und uns ganz offenbar vom Lesen eines Buches abbringen will. Was auf den ersten Blick völlig sinnfrei wirkt, ist leider ganz real.

Viele Firmen verdienen Geld, wenn wir ihre Apps benutzen. Facebook, Instagram, Tiktok, Youtube: je mehr Minuten wir auf der entsprechenden App, desto höher der Gewinn des Unternehmens.

Voll den Durchblick

Auf dieser Zeichnung sieht es so aus, als hätten zwei Handys die sprichwörtlichen Scheuklappen ersetzt. Bei Maultieren dienen Scheuklappen dazu, den Blick auf die Welt einzuschränken.

Ist es möglich, dass Handys bei uns Menschen auch wie Scheuklappen funktionieren? Ganz offenbar, denn viele von uns bewegen sich nur noch innerhalb einer Blase. Leider ist es leicht, auf diese Weise nur noch zu sehen, was wir sehen wollen.

Pokemon Go hat die Welt erobert

Pokemon Go hat es tatsächlich geschafft, uns an die frische Luft zu bringen, ohne dass wir uns dabei von Handy & Co erholen konnten. Der Mensch, die Krone der Schöpfung irrt durch die Straßen.

Obwohl das Spiel mit der Absicht herauskam, Menschen aus ihren Häusern zu holen, hat es in den ersten 148 Tagen nach seiner Einführung möglicherweise zu fast 150.000 Verkehrsunfällen und etwa 250 Todesfällen beigetragen.

Nicht weitersagen!

Mit der Technologie und der Geschwindigkeit, mit der Nachrichten heutzutage verbreitet werden können, ist fast kein Geheimnis jemals vollständig sicher. Jedes Geheimnis kann jederzeit an die Welt weitergegeben werden, und Twitter ist sicherlich eine der beliebtesten Plattformen dafür.

In dieser Illustration macht der Künstler einen sehr deutlichen Hinweis darauf, wie die Plattform verwendet wird, um vertrauliche Informationen anonym im gesamten Netz zu verbreiten.

Mahlzeit!

Dieses Bild erlaubt uns gleich mehrere Interpretationen. Einerseits können wir darin einen Vorwurf auf die schlechten Essgewohnheiten der Menschen sehen. Obwohl unsere Ernährung seit Jahren wissenschaftlich erforscht wird, lassen wir uns von Werbung und Industrie zu schädlichem Essen verleiten. Wir essen uns sozusagen zu Tode.

Man könnte die Zeichnung aber auch dahingehend interpretieren, dass wir Menschen unsere Existenzgrundlage – unseren Planeten – vernichten. Wir konsumieren zu viel, beuten die Natur aus, und entziehen uns so selbst die Lebensgrundlage.

Inseln der Glückseligkeit

Wenn das mal nicht nicht der Traum vieler Menschen ist. Eine eigene kleine Südseeinsel mit Palme. Unsere Handys können uns tatsächlich auf diese Inseln entführen. Doch sind wir dort wirklich glücklich?

Wenn wir stundenlang in unsere Telefone, Tablets und Laptops eintauchen, erschaffen wir in Wirklichkeit kleine einsame Inseln. Die Schönheit der Außenwelt ist unsichtbar. Wir sind allein, einsam und unglücklich.

Die Haie lauern schon

Eine weitere Zeichnung, mit der uns Kuczynski die drohende Gefahr digitaler Helfer aufzeigen will. Bücher sind die Segel, die unsere Fantasie antreiben, unseren Verstand beflügeln.

Telefon sieht der Künstler als Gefahr. Sicherlich, weil Firmen mit jeder Minute, die wir ihre App benutzen, viel Geld verdienen und daher jeden Trick ausspielen, um uns noch länger ans Telefon zu binden.

Just in Time Lieferung

Kuczynski lädt uns ein, einer Mäusebeerdigung beizuwohnen. Mäusepfarrer und Mäusefamilie stehen andächtig vor einem leeren Grab. Man kann wohl sagen: alles ist bereit.

Nur die Mäuse-Leiche, die scheint noch zu fehlen. Dafür steht eine Katze vor dem offenen Grab und ihre Haltung läßt vermuten, dass die Katze einerseits der Grund für die Feierlichkeiten ist, und zudem die Leiche in Kürze direkt ins Grab geliefert werden wird.

Kritik an unserer toxischen Arbeitskultur

Diese Arbeit ist eine bedeutungsvolle und brutale Erinnerung daran, dass die Arbeitskultur, die wir als Menschen in der Welt geschaffen haben, für jeden Hauch von Kreativität völlig kontraproduktiv ist.

Die Menschen werden zu “Sklaven” ihrer Arbeit und ihrer Bosse, und arbeiten genau wie erwartet. Große Konzerne und reiche Bosse pflügen die Felder mit dem Schweiß und den Tränen derer, die sie ausbeuten.

Selfie-Stick, Teil 1

Kuczynski scheint von den so genannten Selfie-Sticks tief beeindruckt – eventuell auch stark verärgert – zu sein. Mit diesem Bild will er uns vermutlich sagen: sie sind oft fehl am Platz!

Man kann den Selfiestick hier sogar als Waffe sehen, und auch das deckt sich mitunter mit der Realität. So mancher wurde schon von einem Selfiestick verletzt, denn nur wenige können gut damit umgehen.

Selfie-Stick, Teil 2

In diesem Bild wirkt der Selfiestick nicht mehr wie eine Waffe. Im Gegenteil. Der Mensch wurde trotz Selfiestick vom Hai verschlungen. Hier sticht es hervor, wie unsinnig es ist, in der aktuellen Situation überhaupt ein Foto zu knipsen.

Der Künstler will uns hier wohl einen Spiegel vorhalten. Wir sollen uns öfter fragen, ob ein Selfie gerade das Richtige ist. Vielleicht sollten wir den nächsten Sonnenuntergang genießen, anstatt ihn zu fotografieren.

Der Sonnenuntergang

Was für eine traurige Erinnerung daran, dass die Menschheit zunehmend verlernen, den Augenblick zu genießen. Sonne, Strand und Meer laden uns ein, die Natur zu genießen, abzuschalten, zu entspannen.

Doch wir Menschen entscheiden uns – fast schon zwanghaft – die Schönheit zu fotografieren und mit unseren Freunden zu teilen. Das Foto wird zu vielen “Oh, wie schön” führen und wenige Sekunden später vergessen sein. So wie unsere Chance auf Erholung am Strand.

Lächle doch mal!

Der Künstler zeigt uns eine schlange trauriger Menschen. Das Leben scheint es nicht gut mit ihnen zu meiden. Doch was tun sie? Um glücklich zu wirken, greifen sie zu einem Hilfsmittel.

Nun sehen die Menschen glücklich aus, doch wir wissen, sie sind es nicht. Der Künstler will uns vermutlich sagen, dass wir mehr auf unser Wohlbefinden achten dürfen. Eine Maske aufsetzen, damit wir anderen gefallen, hilft uns selbst nicht weiter.

Oh Du Fröhliche

Die Älteren unter uns können sich noch erinnern. Plätzchen backen zur Weihnachtszeit. Eine fröhliche Aktion bei der die gesamte Famile gemeinsam in der Küche werkelte, lachte und Spaß hatte.

Auf dem Bild unseres Künstlers hat nur noch die Mutter Spaß. Die Schar an Kindern – vielleicht sogar einige Enkel darunter – sitzt im Hintergrund. Jeder für sich alleine auf sein eigenes Handy konzentriert.

Was erlaubt der sich?

Haderer hat hier unglaubliche Arbeit geleistet, indem er sich auf die Laptop-Café-Kultur gestürtzt hat. In den letzten Jahren ist es den Laptops ja gelungen, Zeitungen fast vollständig aus Cafés zu verbannen.

In dieser Illustration bezieht sich der Künstler darauf, dass das Zeitungslesen in einem Café nicht mehr zeitgemäß zu sein scheint. So wie wir vor Jahren über die ersten Laptops in Cafés gestaunt haben, staunen wir heute über Zeitungen.

Die lieben Priester

Nun, diese Illustration mag viele Leute sehr wütend machen, aber die Wahrheit ist, dass sie ein sehr wichtiges Thema anspricht: Religion, Priester und die immer wieder auftauchenden Missbrauchsfälle.

Wenn Haderer die berühmten drei Affen nachstellt – nichts sehen, nichts hören, nichts sagen – dann fasst er damit die Aufklärungsarbeit der Kirche treffend zusammen. Es schein, nur mit großem öffentlichen Druck, kommen die schrecklichen Vorgänge ans Licht.

Unsere Regierung

Hier ist eine weitere Kritik an dem (Mangel an) Regierungsführern, die wir in unserer Gesellschaft haben. Leider ist diese Situation, so überbetont sie auch sein mag, weltweit zu häufig anzutreffen.

Tatsächlich sind politische Debatten zu einer Art Scherz zwischen bestimmten Politikern geworden, und Regierungssitzungen sind schlimmer geworden als Partys, wie der Künstler in dieser Zeichnung veranschaulicht.

Das Fernsehen der Zukunft

Haderer weist in dieser Arbeit auf ein ganz besonderes Thema hin, bei dem es darum geht, dass Menschen das wirkliche Leben, Familie und Freundschaften verpassen, wenn sie an ihren Bildschirmen hängen.

Man frägt sich einerseits, warum nicht in jeder Wohnung so ein Fernsehgerät steht. Aber dann kennen wir auch die Antwort: wir würden nicht mehr gemeinsam fernsehen. Wir wären einsam, in einem Raum voller Freunde.

Handeslexperten

Mit diesem Bild kritisiert Haderer eine besonders perfide Form der Ausbeutung ärmerer Länder. Industrienationen verkaufen ihren Überschuß sowie Mängelware günstig in arme Länder.

Dort können Bauern und Händler nicht mit den Import-Preisen konkurrieren. Für einen geringen zusätzlichen Gewinn zerstören europäische Konzerne hier gezielt und rücksichtslos Existenzen.

Mehr!

Haderer zeigt uns, wie er Gier sieht. Ein reicher, gut genährter Mann im Nadelstreifenanzug, der mit aller Kraft und unter zuhilfenahme eines Stocks bündelweise Geld in sich hinein stopft.

Es ist offensichtlich, dass ihm das Geld im Magen nichts nutzen wird. Es ist auch offensichtlich, dass er es nicht einmal nötig hätte Lebensmittel in sich hinein zu stopfen, denn er ist ja schon dick. Doch scheinbar kann er nicht anders. Sinnlose Gier.