“Tatort” gibt es schon seit einem halben Jahrhundert, schon seit 1970 wurden über 1000 Folgen ausgestrahlt. Die Folgen sind manchmal mitreißend, manchmal spannend, aber eine Frage bleibt bestehen: Was sind eigentlich die besten Folgen? Wir haben für euch eine Liste zusammengestellt.

Taxi nach Leipzig 1970

Fangen wir unsere Liste also mit der ersten Folge der Klassiker Fernsehserie an. Ein Zigarrenstumpen im Mund, gern auch ein Glas Whiskey auf dem Schreibtisch – Kommissar Trimmel war der allererste »Tatort”-Ermittler.

Der knorrige Kommissar musste beim »Taxi nach Leipzig« (1970) in der DDR nach dem Täter suchen. Die Folge gehört vielleicht nicht zu den spannendsten, oder besten Folgen, doch leitet sie eine Saga ein – ein halbes Jahrhundert Tatort.

Reifezeugnis 1977

Klassenlehrer Fichte (Christian Quadflieg) kann Schülerin Sina (Nastassja Kinski) nicht widerstehen und gerät in Verdacht, ihren Mitschüler getötet zu haben. Der grandiose “Tatort” (67 Prozent Einschaltquote) sorgte für

einen echten Skandal: vordergründig wegen der unmoralischen Liebesgeschichte, in Wahrheit wegen der erotischen Nacktszenen. Ganz schön skandalös für 1977, aber den Zuschauern hat diese Folge besonders gut gefallen.

Frau Bu lacht 1995

Damals hochaktuell und bis heute noch hochspannend: Thriller Regisseur Dominik Graf beschert den Münchener Kommissaren Batic und Leitmayr die kinoreife Verfilmung eines Missbrauchsfalls: Die Thailänderin Sita (Anna Villadolid)

ist auf der Flucht, fürchtet um ihr Leben und das ihrer Tochter. Gleichzeitig steht sie aber auch unter Mordverdacht. Während des interessanten Falles wird der Fall aufgeklärt. Gibt es ein gutes Ende für die Thailänderin?

Im Schmerz geboren 2014

Der zweifache GOLDENE KAMERA Preisträger Ulrich Tukur bekommt es als LKA-Ermittler Felix Murot mit dem bislang schießwütigsten “Tatort”-Übeltäter zu tun: Der Gangsterboss ist “Hamlet”-Fan und ein Rächer der alten Schule.

Am Ende werden in bester Actionfilmmanier 54 Leichen gezählt. Der Zuschauer schwankt zwischen Mitfiebern und Staunen – kaum zu fassen, was da geboten wird. Eine mutige Sternstunde im Krimigenre. Diese Folge wurde daher auch 2015 mit der GOLDENEN KAMERA ausgezeichnet.

Borowski und der stille Gast 2012

Der herausragende Lars Eidinger gibt als Psychopath Kai Korthals einen der unheimlichsten Mörder der “Tatort”-Historie. Als Postbote verkleidet schleicht er sich nicht nur in die Wohnung, sondern auch in das Leben verschiedener Frauen

(Zahnbürsten-Szene!), um sie schließlich umzubringen. 2015 kam die Fortsetzung des brillant-düsteren Thrillers aus Kiel: “Borowski und die Rückkehr des stillen Gastes”. Diese Folge stiftet ein unangenehmes Gefühl, wenn man das nächste Mal eine Zahnbürste in die Hand nimmt.

Duisburg- Ruhrort 1981

“Mensch, Scheiße!” 1981 betritt der zweifache GOLDENE KAMERA-Preisträger Götz George (1992 und 2001) als Hauptkommissar Schimanski die “Tatort”-Bühne und benutzt das beinahe verbotene S-Wort bis zur Schmerzgrenze.

Er trinkt, er prügelt sich und wird trotzdem zum Kultkommissar der 80er. Alkohol am Arbeitsplatz – ganz normal. Dieser erste Fall ist für seine Anhänger noch immer der beste: Schnörkellos, ohne Gefühlsduselei jagt er den Mörder eines Binnenschiffers.

Weil sie böse sind 2010

Ein Duo dominiert diesen Frankfurter Fall, und es sind nicht die Kommissare Sänger und Dellwo. Milan Peschel spielt einen verzweifelten Vater, der einen Millionär erschlägt und dann von dessen Sohn erpresst wird:

Er soll weiter morden! Peschel wie auch GOLDENE KAMERA-Preisträger Matthias Schweighöfer (2003 und 2010) als Dämon mit Engelsgesicht erhielten den Hessischen Filmpreis. Schauspieler, wie auch Drehbuch machen die Folge zu einem Hit.

Kressin stoppt den Nordexpress 1971

Auf englisch heißt es “Old but Gold”, was so viel bedeutet, dass auch die Alten Sachen noch etwas her machen und das gilt auch für diese Folge von Tatort. Der WDR-Zollfahnder Kressin war schließlich so etwas wie ein deutscher James Bond,

knackig, jung und immer ein Auge auf die Frauen. Sieghard Rupp prägte den Ermittler im Sinne der Siebzigerjahre. Das Foto zeigt den Zollfahnder mit Waffe in der Folge »Kressin stoppt den Nordexpress« von 1971.

Der Gelbe Unterrock 1977

Es lässt sich ein Muster erkennen. Die Helden, Ermittler und oft auch Verbrecher in den Tatort Serien waren meistens Männer. Es dauerte Jahre, bis der »Tatort« weiblich wurde. Nicole Heesters als Kommissarin Buchmüller übernahm die Pionierrolle als erste Ermittlerin.

Die Einschaltquoten lagen übrigens nach ihrem Dritten Auftritt nur noch bei 48%, was leider relativ wenig war. Die Tatort Folgen mit Buchmüller galten also nicht als Glanzleistung, sind aber auf Grund der Männer dominierten Serie durchaus erwähnenswert.

Der Feinkosthändler

Der Frikadellenkönig des Tatorts: Kommissar Haferkamp war der Inbegriff des korrekten Beamten. Und das als WDR-Vorgänger von Schimanski. Die Fälle von Hansjörg Felmy (Mitte) als Ermittler sind ebenfalls längst deutsche TV-Geschichte –

hier 1978 in »Der Feinkosthändler« mit Willy Semmelrogge (links) und Walter Kohut (rechts). Besonders auffällig aus heutiger Sicht ist der Arbeitsprozess der Ermittler, der wohl heute definitiv anders ablaufen würde.

Fegefeuer 2016

Ein Kompletter Umbruch im Vergleich mit Tatort aus den 1970ern! Kann man sich einen größeren Unterschied vorstellen als den zwischen Haferkamp und dem Action-Polizisten Nick Tschiller? Der NDR schickte mit Til Schweiger

eine Art Terminator ins »Tatort«-Rennen – hier in »Fegefeuer«, 2016. Einen Kinofilm gab’s auch. Aber großen Erfolg war das Ganze zwar nicht, aber sollte als Kontrastbeispiel zu den älteren Folgen und der großen Entwicklung erwähnt werden.

Wegwerfmädchen 2012

Rotlichtmilieu, Menschenhandel und natürlich Korruption. In einer Doppelfolge lernt Maria Furtwängler (GOLDENE KAMERA 2008) als Kommissarin Lindholm Hannovers feine Gesellschaft von ihrer schmutzigsten Seite kennen.

Emilia Schüle (Nachwuchspreis GOLDENE KAMERA 2014) gelingt in der Rolle der Zwangsprostituierten Larissa der Durchbruch. Unvergessen, wie sie benommen dem Müllberg entsteigt. Teil zwei hieß “Das goldene Band”.

Summ, summ, summ 2013

Münsters Damenwelt steht Kopf, denn der Schlagerstar Roman König ist in der Stadt. Auch Frank Thiel kommt an dem für seine Schmusesongs bekannten Sänger nicht vorbei. Der Kommissar muss den Mord an der Journalistin Claudia Schäffer aufklären,

die auf dem Parkplatz eines Großmarktes tot aufgefunden wurde. In ihrer Jackentasche trug sie eine Ehrenkarte für ein Konzert von Roman König. Haste Töne? Roland Kaiser spielt im Münsteraner Krimi von 2013 einen mordverdächtigen Schlagersänger.

Undercover Camping 1997

Manfred Krug (GOLDENE KAMERA 1990 und 2001) mischt sich in dieser aufregenden Folge inkognito unter Dauercamper, um einen Mörder zu finden. Mit einem musikalischen Krug-Solo: “Peterle”. Sein Kollege Peter Brockmöller (Charles Brauer),

fühlt den Verdächtigen ganz offiziell auf den Zahn… Hübsch konstruierte Geschichte mit witzigen Beobachtungen aus einer skurrilen Welt gleich nebenan. Trauer um Manfred Krug: Der Schauspieler starb am 21. Oktober mit 79 Jahren.

Quartett in Leipzig 2000

West trifft Ost. Um Morde im Burschenschaft Milieu zu klären, ermitteln Kölns Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) mit ihren Leipziger Kollegen Ehrlicher (Peter Sodann) und Kain (Bernd Michael Lade) gemeinsam.

Die Erstausstrahlung von dieser Folge wurde in Deutschland von ganzen 9,90 Millionen Menschen gesehen. Der Krimi wird als “Harmlos und Hübsch selbst ironisch” beschrieben und schafft es deshalb auf diese Liste.

Manila 1998

Der Krimi mit politischem Hintergrund: Die Kölner Kommissare Ballauf (Klaus J. Behrendt) und Schenk (Dietmar Bär) jagen auf den Philippinen einen deutschen Kinderschänder. Der Kölner Tatort „Manila“ wurde vom WDR produziert, wobei Nikolaus Stein von Kamienski („Pest – Die Rückkehr“) sowohl die Rolle des Drehbuchautoren als auch des Regisseurs übernommen hatte.

Dazu spielte der Regisseur auch vor der Kamera mit, wo er den Bösewicht Ernst Swoboda mimt. Der Krimi, der 1998 erstmalig im TV gezeigt wurde, hat in Deutschland aufgrund des brisanten und traurigen Themas eine große öffentliche Resonanz erhalten.

Wie einst Lilly 2010

LKA-Ermittler Felix Murot (Tukur) ist auf Spurensuche am Edersee, seiner alten Heimat. Dort soll sich ein Journalist im Gasthof von Jana Maitner (Martina Gedeck) mit einer alten RAF-Waffe erschossen haben. Angeblich war er einer brisanten Story auf der Spur.

Jana erinnert Murot zudem an seine Jugendliebe Lilly, von der er einst getrennt wurde. Die Ermittlungen der Polizei vor Ort sind schon abgeschlossen. Murot, der immer wieder Zwiegespräche mit seinem Gehirntumor führt und der sein Gehirn extrem sensibilisiert, wittert eine Verschwörung.

Der oide Depp 2008

Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) rollen einen Hurenmord von 1965 wieder auf. Dabei verzweifeln sie an der Kaltschnäuzigkeit des Exbordellkönigs Esslinger (Jörg Hube) und an ihrem eigenwilligen Kollegen:„Opa Sirsch“ (Fred Stillkrauth) – „der oide Depp“ – ist echt pensionsreif… Launiges Glanzlicht der Reihe, mit schön ausgestatteten Schwarz-Weiß-Rückblenden in die 60er. Ein absolutes „Tatort“-Highlight.

Die fette Hoppe 2013

Der Tatort „Die Fette Hoppe“ ist der Einstand für das neue Ermittlerduo aus Weimar: Christian Ulmen, der als Kommissar Lessing ohne Vornamen in die Krimireihe eingeführt wird, und Nora Tschirner in der Rolle der

Kommissarin Kira Dorn haben ihren ersten gemeinsamen kriminalistischen TV-Auftritt. Lessing ist ein Analytiker, Dorn ein impulsiver Bauchmensch – der zudem hochschwanger ist. Neu, aufregend und einmalig.

Zahn um zahn 1985

Krachende Action, tolle Stunts, dazu ein Schimi, der erstmals viel Gefühl zeigt: So erobert er 1985 das Kino. In “Zahn um Zahn” tötet ein Mann erst seine Familie, dann sich selbst. Schimanski und Kollege Thanner ermitteln zwischen Duisburg und Marseille.

Erst zwei Jahre später, 1987, läuft der Film auch im Fernsehen. Ein wahrhaft großer Erfolg der 80er. Und mit diesem absoluten Meisterwerk der Tatort Saga ist unsere Liste bereits beendet. War auch deine lieblingsfolge dabei?