Eliza schluchzte. Dicke Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Was hatte sie getan? Hätte sie nicht doch offen und ehrlich mit Ben sprechen sollen? Jetzt war alles zu spät. Es ließ sich nicht mehr vor ihm verbergen.

Ihr Schwager drückte ihre Hand und redete beruhigend auf Eliza ein. “Alles wird gut werden. Ben wird es verstehen.” Doch Elizas Schultern bebten weiter unter ihrem lauten Schluchzen. Aber fangen wir besser am Anfang an. Dazu müssen wir ein Jahr zurückblicken.

Frisch verheiratet

Eliza und Ben waren ein glückliches junges Paar, sie hatten vor kurzem den Bund fürs Leben geschlossen, und für beide war es der Beginn eines gemeinsamen Lebenstraums. Das Paar hatte bereits einige Jahre glücklich zusammengelebt, aber eine Sache, die sie sich beide mehr als alles andere gewünscht hatten, schien nun endlich in ihrer Reichweite.

Das junge Paar wünschte sich nichts mehr als eine große Familie. Es war ein Traum, den sie beide seit ihrer Kindheit hatten. Doch auch mehrere Monate nach der Hochzeit wurde Eliza nicht schwanger.

Sie versuchen es seit 2 Jahren

Das Paar sah, wie Monate verstrichen. Noch immer waren keine Anzeichen einer Schwangerschaft bei Eliza auszumachen. Sie wussten, dass es nicht für alle einfach war, schwanger zu werden, aber nach zwei Jahren ohne Anzeichen einer Besserung begannen sie sich Sorgen zu machen. Sie hatten so lange von einer Familie geträumt, dass sie sich nie vorgestellt hatten, dass etwas schief gehen könnte.

Das junge Paar beschloss, einen Facharzt aufzusuchen um herauszufinden, was mit ihnen los war. War es möglich, dass mit ihnen wirklich etwas nicht stimmte? Oder hatten sie einfach Pech und brauchten mehr Geduld?

Ben ist unfruchtbar

Leider hatte der Facharzt keine guten Nachrichten. Nach einigen Wochen an Tests und Untersuchungen musste er dem jungen Paar eine schwere Nachricht übermitteln. Ben schien unfruchtbar zu sein.

Sowohl Ben als auch Eliza waren schockiert und traurig über diese Nachricht. Die Ärzte zeigten ihnen aber auch einige Optionen auf, welche Wege ihnen offen stehen. Eine Adoption war die wichtigste Option, die dem Paar in den Sinn kam, insbesondere wenn man bedenkt, dass ein Freund von Eliza kürzlich zwei Jungen adoptiert hatte.

Keine Begeisterung

Ben sah die Vorteile einer Adoption, doch Eliza konnte sich mit der Idee nicht anfreunden. Sie wusste, dass sie in der Lage war, selbst ein Kind zu bekommen, und hatte den starken Wunsch eine biologische Mutter zu werden.

Glücklicherweise gab es neben der Adoption tatsächlich noch eine Reihe weiterer Optionen. Eine davon sollte Elizas Wünschen am besten entsprechen: eine künstliche Befruchtung mit einer Samenspende. Davon war nun Ben nicht begeistert. Es dauerte einige Tage, aber schließlich gelante auch Ben zu einer Entscheidung.

Vater sein, neu definiert

Ben entschied, dass er seinen Wunsch, Vater zu werden, über sein Bedürfnis, der biologische Vater zu sein, stellen würde. Jetzt musste das Paar damit beginnen, den richtigen Samenspender zu finden, und das war schwieriger als erwartet.

Der Prozess der Suche nach einem Samenspender kann so kurz oder so lang sein, wie man möchte. Ben und Eliza hatten viele Auswahlmöglichkeiten. Sie konnten Vorlieben angeben oder sogar eine ganz bestimmte Person auswählen. Gemeinsam einigten sie sich auf einige Merkmale. Ben wollte den Antrag einige Tage später verschicken, doch am nächsten Tag, als er von der Arbeit nach Hause kam, sagte ihm Eliza, sie hätte den Antrag bereits abgesandt. Ben fand das etwas seltsam, dachte aber nicht weiter darüber nach.

Warten

Das Paar musste einige Wochen warten, um endlich Neuigkeiten zu erhalten. Ben war davon eigentlich am meisten überrascht, da der Arzt ihm gesagt hatte, dass es normalerweise nur ein paar Tage dauern würde. Eliza sagte ihm, er solle geduldig sein.

Eliza übernahm die Kommunikation mit der Samenbank. Daher war sie die einzige Person, die Ben fragen konnte, warum es so lange dauerte. Eliza versicherte ihm, dass alles gut laufe und er sich keine Sorgen machen müsse.

Der Spender

Es war nicht ungewöhnlich, dass Spender ihre Identität geheim halten wollten. Und genau dafür hatte sich der Spender von Ben und Eliza offenbar entschieden. Ben war sich nicht sicher, was er von der Geheimhaltung halten sollte, aber Eliza beruhigte ihn.

Ben war überrascht, dass Eliza mit diesem ganzen Prozess so locker umzugehen schien. Hier ging es um ihr potentielles Kind! Wie konnte sie da mit Geheimnissen leben? Schließlich entschied Ben jedoch für sich, dass er Eliza in dieser Sache einfach vertrauen wollte.

Schwanger

Einige Wochen nach dem ersten Termin für die künstliche Befruchtung war es an der Zeit, einen Schwangerschaftstest zu machen. Ben und Eliza waren unglaublich nervös und aufgeregt. Hatte es geklappt?

Zum Glück für das Paar war der Schwangerschaftstest positiv. Das Paar vereinbarte einen weiteren Termin in der Klinik. Eliza war dabei Mutter zu werden! Als die Wochen vergingen, wurde Eliza immer aufgeregter.

Ben macht sich Sorgen

Ben machte sich immer noch Sorgen um das Baby. Eliza war die Mutter des Kindes, das war eine klare Rolle. Würde er es schaffen, dem Kind ein Vater zu sein? Würde das Kind ihn jemals als Vater akzeptieren?

Im Laufe der Monate schienen seine Sorgen nur noch zuzunehmen und er begann, das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Er kämpfte damit, in der Nähe von Eliza zu sein, und fühlte sich doch oft ausgeschlossen und vernachlässigt. Dann traf er eines Tages eine seltsame Entscheidung. Eine Entscheidung, die ihn dazu bringen würde, sich noch weiter von Eliza und dem Baby zu entfernen.

Die Suche nach dem Samenspender

Ben entschied, dass er den Samenspender finden musste. Er hatte das Gefühl, dass das Treffen mit der Person seine Sorgen darüber lindern würde, wie das Kind sein würde, wenn es aufwächst. Ben war so besessen von der Idee, dass er begann, basierend auf den Informationen, die sie während der Auswahl von der Samenbank erhalten hatten, private Nachforschungen anzustellen.

Ben wusste, dass er dies vor Eliza geheim halten musste. Das gelang ihm jedoch nur für einige Tage. Eliza war sehr verärgert, als sie schließlich doch von Bens Nachforschungen erfuhr, doch Ben war nicht bereit aufzuhören. Als seine privaten Recherchen auch nach Wochen kein Ergebnis brachten, beschloss Ben, für weitere Informationen direkt zur Samenbank zu gehen. Die Samenbank weigerte sich jedoch, die Identität des Spenders preis zu geben.

Entschlossen

Es schien, dass die Ablehnung der Samenbank Ben nur noch entschlossener machte, die Identität des Samenspenders herauszufinden. Eliza hingegen machte sich im Laufe ihrer Schwangerschaft immer mehr Sorgen um Bens Verhalten. Sie konnte ihn nicht herausfinden lassen, wer der Spender tatsächlich war.

Dann wurden jedoch andere Themen wichtiger, als der Geburtstermin näher rückte. Elizas Gesundheit hatte sich in den letzten Monaten ihrer Schwangerschaft verschlechtert. Sie hatte viel Gewicht und Energie verloren und die Ärzte fürchteten um ihr Leben.

Unsicherheit

Die Ärzte befürchteten, dass Eliza die Geburt möglicherweise nicht überleben würde. Diese Neuigkeiten waren für Ben schwer zu verkraften. Er war entschlossen, alles Notwendige zu tun, um seine Frau und ihr Baby zu schützen. Seine Suche nach dem Samenspender hatte er nun völlig vergessen.

Ben nahm sich so viel Zeit, wie er konnte, um Eliza zu unterstützen. Er brachte sie ins Krankenhaus und kümmerte sich rührend um sie, bis der Tag der Entbindung kam. Alle hofften, Mutter und Kind würden bald gesund.

Frühe Wehen

Obwohl Eliza früh in die Wehen kam (8,5 Monate), waren die Ärzte froh, dass sie die letzten Wochen überstanden hatte, ohne krank zu werden. Ben war erleichtert, aber immer noch ein wenig besorgt. Er verstand, dass die Geburt für seine Frau nicht sicher war, da sie sehr schwach war. Alles, was er jetzt tun konnte, war hoffen und beten.

Ben wartete und war gespannt darauf, die Neuigkeiten aus dem Kreissaal zu hören. Eliza war immer noch sehr schwach, sodass eine natürliche Geburt nicht in Frage kam. Ben wusste, dass dies Eliza das Herz brechen würde, da sie ihr Kind eigentlich aus eigener Kraft zur Welt bringen wollte. Am Ende machten die Ärzte einen Kaiserschnitt und endlich, nach zwei Stunden, kam ein Arzt, um Ben zu holen.

Gute Nachrichten und schlechte Nachrichten

Der Arzt sagte Ben, dass es seiner Frau gut gehe und dass alles gut gegangen sei. Allerdings konnte Ben Eliza noch nicht sehen, da sie zu diesem Zeitpunkt absolute Ruhe brauchte. Ben war sehr traurig über diese Nachricht. Er wollte nur sehen, dass es Eliza gut ging. Um Bens Stimmung zu heben, versprach der Arzt, dass sie etwas anderes für ihn tun könnten.

Bevor die Krankenschwester das Baby für einige grundlegende Tests wegbringen wollte, konnten sie kurz warten, damit Ben das Baby ein wenig halten konnte. Ben hielt das Kind in seinen Armen und seine Augen strahlten vor Glück.

Sein Kind

Ben kannte noch nicht einmal das Geschlecht seines Babys. Er und Eliza wollten das erst bei der Geburt herausfinden. Also hielt er das Baby nun in seinen Händen und überlegte, ob er nachsehen oder warten sollte, bis er mit Eliza gemeinsam in einem Raum war.

Der Arzt vergaß jedoch, dass Ben und Eliza das Geschlecht des Babys nicht wussten, und erwähnte beiläufig, dass es ein Junge war. Ben war überwältigt von Emotionen. Es spielte keine Rolle mehr, dass er nicht der biologische Vater war. Das Kind in seinen Armen war sein Sohn und Ben liebte ihn sehr. Zu Bens großer Überraschung sah das Kind ihm sogar sehr ähnlich. Er und Eliza hatten die Spenderattribute ausgewählt, die ihn am besten repräsentierten, aber er hätte nie erwartet, dass das so gut funktionieren würde.

Sein Sohn

Das Baby wurde für die üblichen Tests an Neugeborenen weggebracht. Ben konnte an nichts anderes Denken, als dass er nun Vater war. Das war sein Sohn! Er war so aufgeregt. Dann teilte ihm die Krankenschwester mit, dass er Eliza jetzt sehen könne, weil es ihr viel besser gehe. Dies wurde der beste Tag in Bens Leben.

Ben ging schnell in Elizas Zimmer, bereit, ihr Glück miteinander zu teilen. Aber als er eintrat, war er völlig überrascht, als er dort seinen älteren Bruder sah. Seine Augenbrauen verengten sich. Hatte Eliza ihn angerufen, um ihm die gute Nachricht zu überbringen? Aber warum war sein Bruder vor ihm bei Eliza? Die Stimmung im Raum war seltsam. Bens Bruder konnte ihm kaum in die Augen sehen und Tränen liefen über Elizas Gesicht. Es war offensichtlich, dass Ben etwas verpasst hatte.

Elizas Geheimnis

Er trat an Elizas Bett und sie nahm seine Hand. Sie sah ihm mit zitternder Unterlippe in die Augen. Es war klar, dass sie etwas zutiefst beunruhigte. Sie sagte zu Ben: „Es tut mir leid, ich wollte es dir früher sagen, aber ich konnte einfach nicht.“ Ben wollte wissen, was sie meinte, und versuchte, seine Wut so weit wie möglich im Zaum zu halten.

Eliza wollte so sehr ein Kind von Ben, dass ihr nur eine Möglichkeit eingefallen war. Sie hatte sich bemüht, Bens Bruder als Samenspender zu gewinnen, um eine möglichst genaue genetische Übereinstimmung zu erzielen. Bens Bruder Joshua war nicht leicht zu überzeugen gewesen, hatte aber schließlich zugestimmt. Deshalb habe das Auswahlverfahren so lange gedauert.

Das Geständnis

Eliza hatte schließlich die ganze Sache mit der Samenbank eingerichtet. Niemand sonst wusste es. Nicht einmal Bens Eltern. Eliza hatte die ganze Zeit solche Angst vor Bens Reaktion gehabt. Aber dann reagierte Ben auf eine Weise, die sie nie erwartet hätte.

Eliza war fest davon überzeugt, dass Ben verärgert darüber sein würde, dass sie das hinter seinem Rücken tat, doch Ben war überglücklich. Ja, er hätte es bestimmt nicht gutgeheißen, wenn man ihn damals gefragt hätte. Aber jetzt, nachdem er sein Kind im Arm gehalten hatte und wusste, dass es tatsächlich blutsverwandt mit ihm war, fühlte sich die ganze Sache richtig an. Von diesem Moment an war Joshua ein fester Bestandteil des Lebens von Ben und Elizas Sohn, den sie Josh nannten. Joshua blieb aber stets nur eine Onkelfigur. Eliza und Ben sind zufrieden damit, wie alles gelaufen ist. Sie genießen jede Sekunde, in der sie ihren Sohn Josh großziehen.

Glück

Immer wieder denkt Eliza an die Stunden nach der Geburt zurück. Die Angst vor Bens Reaktion. Sie war glücklich und dankbar, dass Ben positiv reagiert hatte. Dennoch – oder gerade deshalb – hatte sie für sich beschlossen, schweren Gesprächen künftig nicht mehr aus dem Weg zu gehen.

Eliza wusste, sie hatte Bens Vertrauen verletzt. Ja, es war einfach, alles hinter Bens Rücken zu organisieren. Sicher einfacher als ein klärendes Gespräch. Doch dass sie gegen Ende der Schwangerschaft die Tragweite ihrer Entscheidung erkannte, hatte ihre schwere Erkrankung ausgelöst und beinahe zwei Leben gekostet. Das ihres Sohnes und ihr eigenes. Kein Gespräch konnte so schambeladen oder schwer sein, dass es diesen Preis rechtfertigte.