Ein Tiefpunkt im Leben

Dimitri lebte zurückgezogen und ohne Scham. Er saß oft nur da und starrte in die Luft, wie er es sich in den letzten Jahren angeeignet hatte. Dimitri hatte den absoluten Tiefpunkt erreicht und wenn er sich ehrlich war, sah er auch keinen Ausweg aus seiner Situation.

Vor fünf Jahren hatte Dimitri seinen Job verloren und alles ging danach nur noch bergab. Er hatte versucht dem entgegen zu wirken, aber stattdessen hatte er alles verloren – sogar das Dach über seinem Kopf und alle seine Freunde. Es schien, nach so vielen Jahren würde das Schicksal ihm endlich eine helfende Hand entgegen strecken.

Dimitri hatte genug von der Stadt

Dimitri hatte genug vom Leben in der Stadt. Die Nächte waren oft kalt, aber nichts war vergleichbar mit den unfreundlichen Menschen, denen er täglich begegnen musste. Er befand sich in einer Situation, in der alle Chancen gegen ihn standen.

Es gab Nachbarschafts-Vereinigungen die ihre Zeit damit verbrachten, die Obdachlosen von den Straßen zu vertreiben. Die Leute bewarfen ihn mit Müll, was schließlich dazu führte, dass Dimitri eine Veränderung suchte. Er würde endlich die Stadt verlassen.

Kein Ziel vor Augen

Zunächst hatte er noch keinen Plan. Ihm war klar, dass er einige Sachen brauchte, um auch außerhalb der Stadt überleben zu können. Er nahm sein ganzes Geld zur Hand, das er monatelang erbettelt hatte und kaufte alle Sachen, die ihm Notwendig erschienen.

Sein Plan war einfach: er würde sich dem Leben eines Wanderers anpassen, bis er schließlich kein Geld mehr hatte. Dann würde improvisieren müssen. Meistens war er auf die Hilfe von anderen Menschen angewiesen.

Eine Woche

Dimitri hatte nur wenige Dinge kaufen können und Verzweiflung stieg in ihm hoch, als er bemerkte, dass seine Nahrungsbestände innerhalb kürzester Zeit verschwanden. Nach nur einer Woche stand er ohne Plan und ohne Nahrung da.

Dimitri sah keinen anderen Ausweg – er würde keine Energie mehr dafür Aufwenden, seine Wasser und Nahrungsrationen so lange wie möglich aufzubehalten. Er würde genießen was er dachte, seine letzten Momente auf dieser Erde zu sein.

Zu müde vom Wandern

Inzwischen war mehr als eine Woche vergangen und Dimitri hatte kaum noch Kraft. Seine Nahrung war vollständig aufgegessen und sein Körper musste immer wieder der Erschöpfung nachgeben. Es gab nur noch wenig Hoffnung für ihn. Dimitri sah keinen anderen Ausweg, als nicht mehr weiter zu gehen. Er entschied sich dafür, dass er an diesem Ort sein Ende finden würde.

Dimitri war froh, als er sich hinsetzte und seine Füße eine Pause einlegen durften. Er hoffte, dass ein freundlicher Fremder ihm vielleicht eine helfende Hand ausstrecken würde, aber nach so vielen Jahren auf der Straße erwartete er nichts. Stattdessen wollte er einfach sein Ableben erwarten und willkommen heißen. Als Dimitri seine Augen öffnete, stand ihm etwas gegenüber – kein Mensch, kein Auto, sondern ein großes Tier.

Dimitri schloss seine Augen

Dimitri war erschrocken und gleichzeitig fasziniert von dem Tier, das ein Rentier zu sein schien. Obwohl das Rentier grundsätzlich friedlich aussah, wusste er, dass diese Tiere die Nähe der Menschen normalerweise nicht suchen.

Außer… es würde angreifen. Dimitri hatte nicht erwartet, dass sein Ende so früh kommen würde, aber nun gab es nur noch wenig, das er tun konnte. Er versuchte sich auf einen Aufprall vorzubereiten und schloss dafür seine Augen.

Das Rentier kam näher

Der Aufprall passierte nicht. Stattdessen kam das Tier näher und versuchte auf freundliche Art und Weise Kontakt aufzubauen. Endlich stieß das Tier ein sanftes Geräusch aus, während es Dimitri mit seiner Schnauze anstupste.

Dimitri starrte das große, wilde Tier an – er war einem Rentier noch nie so nahe gewesen. Er war sich nicht sicher ob er Angst haben sollte, denn eigentlich schien das Tier ihn nicht verletzen zu wollen…

Er hatte keine Nahrung oder Wasser

Dimitri hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Er hatte schon seit vielen Meilen kein Wasser, oder Nahrung mehr und er wusste nicht, was das Tier von ihm wollte. Er überlegte, ob der Gestank seiner ungewaschenen Kleider, und der seines Körpers das Tier vielleicht angelockt hatte. Aber auch diese Theorie erschien ihm irgendwie ungewöhnlich. Was konnte dieses große Tier nur von ihm wollen?

Zunächst dachte Dimitri, dass er sich schlafend stellen konnte, vielleicht würde ihn das Tier einfach in Ruhe lassen. Das Rentier stupste ihn weiterhin an. Dimitri hätte gerne mit jeder anderen Person in der Gegend Platz gewechselt, aber stattdessen wurde er von einem Rentier angefreundet.

Verwirrung

Dimitri wusste nun, dass er dem Tier nicht entkommen konnte. Er konnte seinen schmerzenden Körper kaum selbst bewegen und das Tier stand in der Mitte der Straße und erweckte nun Aufmerksamkeit und Verwirrung.

Die Autos, die vorbei fahren wollten, versuchten dem Tier auszuweichen, aber Dimitri saß ebenfalls im Weg und nun fand sich der obdachlose Mann mit vielen Zuschauern wieder. Bald würde sich ein Fremder langsam nähern.

Der Mann hatte eine Waffe

Ein Mann bewegte sich langsam auf die Beiden zu, er versuchte das Tier nicht zu erschrecken. Er fragte Dimitri, ob er in Sicherheit war und ob er gerne Unterstützung hätte. Obwohl Dimitri das Rentier los werden wollte, sah er die Waffe des Mannes – dies war eine Form von Hilfe, die er nicht erwartet hatte.

Dimitri gefiel die Situation mit der Waffe nicht und er konnte nur davon ausgehen, dass das Ding geladen war. Er hatte kein Interesse daran, das Tier zu töten. Er wusste, dass er nun handeln musste, sonst würde alles außer Kontrolle geraten. Wie sollte eine komplett unerfahrene Person ein Rentier von der Straße weglocken?

Dimitri hatte Glück

Glücklicherweise war diese Aufgabe viel einfacher, als Dimitri sich das vorgestellt hatte. Dimitri stand auf, was das Tier dazu brachte sich zu bewegen. Zunächst dachte er, dass er es erschreckt hatte, aber dann fing es an sich langsam weg zu bewegen.

Es bewegte sich in die Richtung, aus der es gekommen war! Nach einigen Schritten drehte es sich um und starrte Dimitri an. Dimitri wusste, dass er keine andere Wahl hatte, als dem Tier zu folgen. Der bewaffnete Mann war immer noch da, aber Dimitri folgte dem Rentier schnell ins Gebüsch und sie verschwanden.

Adrenalin Rausch

Dimitri hatte schon seit drei Tagen nichts mehr gegessen und das letzte Wasser hatte er vor einigen Stunden geleert. Sein Körper schmerzte von der langen Wanderung und trotzdem war er jetzt in einem Adrenalinrausch. Er hatte Energie und er wollte sie auch nutzen.

Dimitri war komplett verwirrt von all den Dingen, die geschehen waren. Er schien so, als würde das Tier ihn in ein Tal bringen. Dimitri war so darauf konzentriert dem Tier zu folgen, dass er die Vegetation um sich herum gar nicht bemerkte. Dieses große Tier bereitete ihm den Weg, aber warum?

Es ergab keinen Sinn

Noch konnte Dimitri nicht verstehen, was im Kopf des Rentieres vor sich ging. Er stapfte den Weg entlang, den ihm das Tier vorgab und er hatte das Gefühl, dass er sich in mehr Gefahr begab, als er verkraften konnte. Nun konnte er nur noch auf ein gutes Ende hoffen.

Dimitri war müde, da er so lange gelaufen war. Nun hatte sich auch das Adrenalin verabschiedet und er bemerkte, wie die Sonne seinen ganzen Körper aufwärmte. Der Wind hatte aufgehört und er wusste nicht, ob jemals schon eine Menschenseele an diesem Ort gewesen war.

Dichte Vegetation

Dimitri war bereits der Ohnmacht nahe und doch hatten sie ihr Ziel noch nicht erreicht. Dann bemerkte er etwas. Durch die dichte Vegetation konnte er noch nicht genau erkennen, was da vor ihm lag. Plötzlich war der Wald weniger dicht.

Zunächst dachte er, dass er seiner Erschöpfung erliegen würde und er halluzinierte. Hatte ihm sein Kopf einen Streich gespielt? Irgendetwas lag direkt vor ihm. Aber was konnte es sein und würde es ihm helfen?

Zwei kleine Rentiere

Langsam kam er näher. Er hatte sich durch den ganzen Wald kämpfen müssen aber jetzt endlich war er am Ziel angekommen. Als er endlich sah, was auf dem Boden vor ihm im Schlamm lag, verstand er – es waren zwei kleine Rentiere. Dimitri näherte sich vorsichtig.

Den Zweien schien es überhaupt nicht gut zu gehen. Eines der Tiere hatte eine klaffende Wunde an seinem Bein, aus der das Blut tröpfelte. Die Tiere stießen jammernde Schreie aus. Das zweite Jungtier war zumindest nicht verletzt, doch gab es ebenso kümmerliche Geräusche von sich.

Krankenpfleger

Dimitri hatte Erfahrung als Krankenpfleger gesammelt, bevor er obdachlos wurde. Er hatte sich um viele Menschen gekümmert, aber niemals Tiere. Er versuchte sein Bestes für das Wohlbefinden der Tiere zu tun. Er legte seinen Fokus auf das Tier,

welches am meisten zu leiden schien. Die Wunde war dreckig und es schien ein Stück Blei darin festzustecken. Es konnte eine Kugel von einem Gewehr sein. War es vielleicht der Mann gewesen, den er vorhin getroffen hatte?

Die Wunde verarzten

Vorsichtig fing er an die Wunde zu reinigen und den Dreck zu entfernen. Er legte Blätter auf die Wunde, um die Blutung zu stoppen. Dann hob er das erste Tier auf und trug es in Richtung der Straße. Er eilte zurück, um auch das andere Tier zu holen.

An der Straße angekommen, versuchte er nun ein Auto aufzuhalten. Dies war ziemlich schwierig. Nachdem einige Autos vorbei gefahren war, blieb endlich jemand stehen. Eine Frau stieg aus und kam Dimitri entgegen. Sie fragte, was hier vor sich ginge und Dimitri erklärte, dass die Tiere dringend einen Tierarzt brauchten.

Eine schnelle Fahrt

Die Frau zögerte keinen Moment und half Dimitri dabei das erste Tier in den Kofferraum zu legen. Schnell stellten sie fest, dass nur ein einziges Tier platz hatte. Dimitri setzte sich auf den Beifahrer sitz und sie rasten in Richtung des Tierarztes. Nach etwa 20 Minuten kamen sie an.

Sie brachten das Jungtier hinein und erklärten, dass das Tier sofort medizinische Versorgung benötigte. Der Tierarzt kam ihnen entgegen und gemeinsam brachten sie das junge Rentier in den Operationssaal.

Auf dem Laufenden halten

Der Tierarzt versprach Dimitri und der Frau, dass er sich nun um da Tier kümmern würde. Er dankte dem Paar und ließ sie im Warteraum sitzen. Er würde sie sofort informieren, sobald das Rentier stabil sein würde.

Alles, an das Dimitri denken konnte, war der Mann der mit seiner Waffe “Hilfe” angeboten hatte. Er war vermutlich derjenige, der das Jungtier angeschossen hatte. Dimitri fühlte sich so, als müsste er handeln. Er musste die Behörden informieren.

Die Polizei anrufen

Dimitri tätigte einen Anruf bei der Polizei. Er erklärte die ganze Geschichte einem Polizisten, welcher darauf versprach, sofort zu handeln. Dimitri erfuhr, dass es illegal war, Jungtiere zu jagen. Die Person, die das Rentier angeschossen hatte, würde nun Konsequenzen erfahren.

Die Polizei machte sich sofort daran, alles zu untersuchen. Sie fanden leere Patronenhülsen und nach weiteren Nachforschungen wussten sie nun auch, welche Art von Waffe abgefeuert worden war. Es stellte sich heraus, dass es tatsächlich der Mann war, den Dimitri vorhin gesehen hatte. Die Polizei stattete ihm einen Besuch ab und obwohl er jegliche Schuld abwies, hatte die Polizei bereits ausreichend Beweise, um ihn mit aufs Revier zu nehmen.

Eine Nacht im Gefängnis

Der Mann musste eine Nacht im Gefängnis verbringen, dann durfte er nach Hause kehren. Er erhielt eine Vorladung mit einem Gerichtstermin in einigen Wochen. Dort würde Der Mann seine Strafe erhalten.

Er wurde der illegalen Jagd für schuldig befunden. Zusätzlich dazu war seine Waffen Lizenz abgelaufen und die Richterin, verurteilte ihn zu einem Gefängnisaufenthalt von drei Monaten. Außerdem wurde er dazu verpflichtet alle seine Waffen abzugeben.

Tieren helfen

Dimitri und die Frau die ihm geholfen hatte, Jenna, waren bei der Gerichtsverhandlung beide anwesend. Sie fahren froh, dass der Mann bekommen hatte, was er verdiente. Im Gerichtssaal waren außerdem einige Tieraktivisten – sie hatten von der Geschichte gehört und boten Dimitri nun einen Job in ihrer Organisation an.

Dimitri war sprachlos, aber er zögerte keine Sekunde lang. natürlich würde er für sie arbeiten. Dies war ein Weg für ihn endlich an Geld zu kommen und mit diesem Job würde er eine Wohnung finden und endlich von der Straße weg kommen.

Spezialisiert auf vernachlässigte Tiere

Dimitri fing bereits eine Woche später dort zu arbeiten an. Es war eine Organisation, die sich hauptsächlich um vernachlässigte Tiere kümmerte, die oft Gewalt erfahren hatten. Sobald ein Bericht von misshandelten Tieren eingereicht wird,

holt die Organisation sie ab und kümmert sich um sie. Es war der perfekte Job für Dimitri und er fühlte sich, als hätte er ein neues Zuhause gefunden. Nach etwa zwei Monaten ging Dimitri zurück zum Tierarzt, um nach dem Rentier zu sehen.

Wo ist die Mutter?

Der Tierarzt erzählte, dass das Rentier die Operation gut überstanden hatte und bereits nach zwei Tagen konnte es wieder frei gelassen werden. Dies waren wunderbare Neuigkeiten, aber hatte der Tierarzt es geschafft die Mutter wieder zu finden?

Der Tierarzt erzählte, dass er über zwei Stunden lang nach der Mutter gesucht hatte und sie schließlich fand. Die Mutter war mit ihren Jungtieren wieder vereinigt worden. Es war ein Moment, den niemand so schnell vergessen würde. Alles hatte sich zum Positiven gewendet.

Diese Geschichte wurde aus Unterhaltungsgründen frei erfunden.