Ava

Ava hatte eine schwere Kindheit. Sie wusste nicht, wer ihre leiblichen Eltern waren, da sie als Baby in einem Krankenhaus abgegeben worden war. Sie wurde zur Adoption frei gegeben und suchte seither Eltern, die sich um sie kümmern würden. Leider war das Glück nie auf ihrer Seite gewesen – dieses Mal, würde es aber anders laufen.

Ava wurde zur Familie Smith gebracht. Eine liebende Familie, die bereits zwei Kinder in den letzten Jahren adoptiert hatte. Ava fühlte sich sofort glücklich und war froh eine Familie gefunden zu haben. Die ersten Monate verliefen wunderbar, doch fühlte sie sich noch nicht ganz zu Hause.

Nicht dazu passen

Ava fühlte, als würde sie nicht dazu passen, egal wie nett die Familie auch zu ihr war. Sie hatte Angst, dass sie niemals einen Platz in der Welt finden würde, in den sie wirklich passte. Sie war froh mit netten Leuten zu leben, der Rest war eigentlich nicht so wichtig.

Als die Smiths sie fragten, ob sie für immer ein Teil der Familie sein wollte, zögerte sie nicht. Alle waren glücklich ein weiteres Familienmitglied gewonnen zu haben. Frau Smith sagte zu Ava, dass sie das Puzzleteil war, das sie gesucht hatten. Nun war die Familie komplett…

Die Adoptionspapiere

Am nächsten Tag sagten die Smiths, dass sie die Adoptionspapiere vervollständigen wollten. Sie hatten Ava mehrmals gefragt, ob sie sich bei der Entscheidung auch sicher war und sie versicherten ihr, dass die Entscheidung ganz bei ihr lag. Ava bestätigte ihren Wunsch. War sie sich wirklich sicher?

Die Familie wusste nicht wie sich Ava wirklich fühlte. Ava war sich bei der ganzen Sache überhaupt nicht sicher und sie war in einer schwierigen Position. Sollte sie ihre Zweifel aussprechen, oder in einem stabilen, liebenden Haushalt für den Rest ihres Lebens verharren? Ava sagte nichts, immerhin war sie noch sehr jung!

Die guten Neuigkeiten

Die Smiths kontaktierten die Adoptionsagentur und erzählten ihnen die guten Neuigkeiten. Die Frau, die Avas Fall zugeteilt bekommen hatte war überglücklich. Sie teilte Ava sogar mit, wie stolz sie auf das kleine Mädchen war. Sie machten einen Termin beim Gericht verabschiedeten sich von Avas Fallarbeiterin.

Die Tage vergingen und der Termin beim Gericht rückte immer näher. Ava konnte nicht aufhören über ihre Entscheidung nachzudenken. Sie fühlte sich wie das schwarze Schaf der Familie, sie passte einfach nicht dazu, sie hatte ganz andere Hobbies und Interessen. Noch wollte sie nichts darüber sagen.

Sie konnte nur noch daran denken

Ava fragte sich, warum sie sich wohl so fühlte. Warum konnte sie nicht einfach glücklich sein mit der Familie, die sie hatte? Sie wusste, dass sie dankbar sein sollte, nicht viele Kinder fanden in ihrem Alter gute Eltern. Es gab etwas, das sie beschäftigte.

Bald darauf war der Tag beim Gericht gekommen. Die Smiths waren aufgeregt und wollten Ava einen besonders schönen Morgen ermöglichen. Sie machten ihr Palatschinken zum Frühstück und pressten ihr sogar Orangen aus.

Sich vorbereiten

Nach dem Frühstück waren alle bereit zum Gerichtstermin zu erscheinen. Frau Smith hatte Ava extra ein neues Outfit geschenkt, für diesen besonderen Tag. Ava lächelte und tat so, als wäre sie so aufgeregt wie auch alle anderen. Tatsächlich hatte sie eher Angst.

Sie fuhren zum Gerichtsgebäude und meldeten sich an. Avas Herz pochte, als sie durch die Hallen schritten. Heute würde der Tag sein, an dem sie eine Familie erhielt. Anstatt außer sich vor Glück zu sein, drehte sich ihr der Magen um.

Etwas fühlte sich komisch an

Ava hatte keine Ahnung, warum sie sich so merkwürdig fühlte. Diese Familie konnte ihr alles bieten, was sie sich nur wünschte. Sie würden sich um sie kümmern und sie bedingungslos lieben. Und dennoch fühlte es sich nicht richtig an. Ava kam es so vor, als würde etwas vor sich gehen, das sie noch nicht erklären konnte. Sie hatte ein Gefühl in ihrem Magen, das sie ganz eindeutig auf etwas hinweisen wollte.

Die Anhörung fing an und alle standen auf, als die Richterin den Saal betrat. Ava fühlte wie sie eine Welle der Angst überrollte und sie musste sich kurz in Erinnerung rufen, dass sie glücklich sein sollte. Avas Pflegeeltern sprachen zuerst, sie berichteten wie stolz sie auf Ava waren und wie wunderbar sie es bei ihnen haben würde.

Die Richterin überzeugen

Sie zeigten der Richterin Bilder von all den Dingen, die sie gemeinsam bereits erlebt hatten. Sie wollten die Richterin davon überzeugen, dass sie die perfekte Familie für Ava waren. Ava wusste, dass sie nicht logen, sie waren beinahe perfekt.

Ava horchte aufmerksam zu, ihr Herz sprang ihr dabei fast aus der Brust. Sie war wütend mit sich selbst – sie wollte nur einen Fehler in dieser anscheinend perfekten Familie finden. Ihr Zukunft würde mit Möglichkeiten und Freude gefüllt sein, warum suchte sie nach Fehlern?

Noch kein Wort gesprochen

Die Anhörung zog sich weiter und Ava war sich sicher, dass die Richterin für die Adoption sprechen würde. Ava selbst hatte noch kein Wort gesprochen, aber die Richterin hatte sich auch noch nichts gefragt. Ava hörte aufmerksam zu und sah gelegentlich auf ihre Schuhe hinunter.

Plötzlich bemerkte Ava eine Veränderung in der Körpersprache der Richterin. Sie war bisher relativ entspannt gewesen, bewegte sich jetzt jedoch steifer. Auch ihre Miene verdüsterte sich, als sie Avas neue Eltern folgende Frage stellte.

Eine wichtige Frage

“Werdet ihr Ava erlauben nach ihren leiblichen Eltern zu suchen?”, fragte die Richterin. Alle im Raum wurden ruhiger, um die Antwort zu hören. “Ihre leiblichen Eltern?” fragte Herr Smith verwirrt. Avas Interesse hatte sich nun geregt.

“Sogar Ava selbst hat ihre leiblichen Eltern nie getroffen. Sie haben sie in einem Krankenhaus abgegeben, als sie gerade erst geboren worden war. Sie war ganz alleine im Krankenhaus.”, spann Herr Smith seine Gedanken weiter.

Ihre Unterstützung

Die Richterin belegte Herrn Smith mit einer finsteren Miene. “Beantworten Sie die Frage, Herr Smith.”, sagte sie und starrte ihn an. “Natürlich werden wir es ihr erlauben.”, sagte Frau Smith, während sie ihre Hand nach dem Arm ihres Ehemanns ausstreckte. “Wenn sie den Wunsch hat sie zu suchen, werden wir sie unterstützen.”

Frau Smith hatte versucht die Antwort so beruhigend wie möglich zu formulieren. Sie wusste, auf welche Antwort die Richterin wartete. Ganz ehrlich schien Frau Smith nicht zu sein, auch wenn sie versucht hatte so zu klingen.

Sie hatten darüber nachgedacht

Natürlich hatten sie und ihr Ehemann die Möglichkeit bereits besprochen. Es war ein wichtiges Thema und sie waren sich bei der Sache auch einig – die leiblichen Eltern aufzusuchen, würde vermutlich nur Probleme bereiten.

Vielleicht würde das Kind die Eltern gar nicht finden, dies konnte negative Gefühle mit sich bringen. Enttäuschung und Depression waren eine mögliche Konsequenz. Dasselbe galt auch, wenn das Kind die Eltern fand und sie nicht mit ihm zu tun haben wollten!

Eine schlechte Idee

Es konnte natürlich auch in die andere Richtung gehen. Vielleicht fand das Kind die Eltern und sie würden eine Beziehung aufbauen. Dies würde die Bindung zwischen Adoptivtochter und Adoptiveltern schwächen. Egal aus welcher Perspektive sie es betrachteten, die Suche nach den Eltern war eine schlechte Idee.

Die Richterin belegte Frau Smith mit einem festen Blick. Sie hatte schon mit vielen Fällen zu tun gehabt und glaubte zu erkennen, was vor sich ging. Sie lehnte sich über ihr Pult und fragte erneut: “Sind Sie sich sicher, Frau Smith?”

Avas Augen leuchteten auf

Die Frage ließ Frau Smith kurz inne halten, aber sie hatte den gegenteiligen Effekt auf Ava. Diese Interaktion zeigte, dass die Richterin sehr wohl auf Avas Seite war. Sie dachte, dies war nicht möglich gewesen, aber vielleicht konnte sie jetzt endlich ehrlich sein.

Ava zögerte noch, aber dann lenkte sie die Aufmerksamkeit auf sich selbst. Wenn sie die Wahrheit sagen würde, könnte sie die einzige Chance ruinieren eine Zukunft mit einer liebenden Familie zu verbringen. Ihr Bauchgefühl schien sie zu überwältige.

Die Richterin konnte es sehen

Was in Ava vor ging, konnte man von ihren Gesichtszügen ablesen und als die Richterin in ihre Richtung blickte, sah sie, dass das Kind nicht ganz mit sich im Reinen war. Sofort ließ sie ihren Hammer aufschlagen und bat um eine Halbe Stunde Pause.

Ava war überrascht von der Entwicklung, sie hatte gedacht, dass die Anhörung vermutlich jeden Moment vorüber war, doch nun wollte die Richterin allein mit dem kleinen Mädchen sprechen. Nicht alle stimmten dieser Bitte zu.

Die Smiths lehnten ab

Frau und Herr Smith wollten zunächst wissen, was die Richterin mit Ava besprechen wollte. Die Richterin konnte nicht erwarten ein besonders aufschlussreiches Gespräch mit einem kleinen Mädchen zu führen. Wer konnte wissen, was das Kind unter so viel Stress nur sagen würde?

Die Richterin würde von ihrer Bitte nicht zurück treten. Sie hatte schon so lange in diesem Feld gearbeitet, dass sie wusste, wenn etwas nicht stimmte. Sie würde mit Ava alleine sprechen, der Entschluss war gefallen.

Ava war nervös

Ava war unglaublich nervös, als sie dem Raum der Richterin entgegen trat. Die Richterin saß hinter ihrem Schreibtisch und wartete auf das Mädchen mit einem warmen Lächeln auf dem Gesicht. Sie hatte ein Glas Limonade für sie vorbereitet, denn Ava sollte sich wohl fühlen.

Zunächst fragte die Richterin Ava nach generell gehaltenen Fragen. Sie wollte wissen, was Ava von dem Gerichtsverfahren hielt und wie sie sich fühlte. Das Mädchen schien noch eher zurückhaltend zu sein, die Antworten waren kurz und auf den Punkt gebracht.

Ernster werden

Die Richterin beschloss also ihre Strategie zu verändern und zu versuchen, dass Ava das Ausmaß verstand, das an dieser Entscheidung haftete. Wenn sie ihre wahren Gefühle aussprechen wollte, würde sie jetzt die Chance dazu haben!

Das junge Mädchen war kurz schockiert aber die neue Strategie schien zu wirken. Ava brach in Tränen aus, weinte und schluchzte. Jetzt konnte die Wahrheit aus ihr herausbrechen. Die Richterin wusste genau, was sie mit der Information tun würde.

Das Verfahren weiter laufen lassen

Als Ava sich wieder beruhigt hatte, bedankte sich die Richterin für die Ehrlichkeit. Ava wurde dazu angehalten vor Gericht weiterhin ehrlich zu sein, nur dann würde sich alles für sie zum Besten wenden. Ava schluckte ihre Tränen hinunter und stimmte zu.

Als die Verhandlung weiter geführt wurde, waren die Smiths viel nervöser als zuvor. Sie hatten keine Ahnung was sich bei der Unterhaltung zwischen Ava und der Richterin ergeben hatte – würde sich nun alles für sie verändern?

Überspringen

Nach den Formalitäten wurde angenommen, dass die Sitzung nun dort weiter geführt wurde, wo sie aufgehört hatten. Anscheinend wurden jedoch einige Schritte übersprungen. Alle Augen waren jetzt auf Ava gerichtet.

“Ava, ich habe eine ganz wichtige Frage an dich und ich möchte, dass du ehrlich bist. Wirst du das schaffen?”, fragte die Richterin. Ava kannte die Frage bereit, fühlte sich aber dennoch nervös vor so vielen Leuten zu sprechen.

Möchtest du adoptiert werden?

Sie fühlte die Blicke aller Menschen im Saal auf sich lasten. Die Antwort, die sie jetzt geben würde, konnte den gesamten Verlauf des Verfahrens verändern. Die Richterin verlor keine Zeit: “Ava, möchtest du von den Smiths adoptiert werden?”

Frau und Herr Smith sahen zunächst die Richterin an, ungläubig eine derartige Frage zu hören. Dann landeten ihre Blicke wieder auf Ava. Ava schien bereit zu sein eine echte Antwort zu geben. Würde es dieselbe sein, wie schon am Frühstückstich?

Nein!

Das junge Mädchen atmete tief durch und sagte so laut, dass es alle hören konnten: “Nein!” Die Smiths konnten es nicht glauben, aber Ava hatte sogar eine Erklärung parat, warum sie die Familie derart ablehnte.

Die ganze Zeit über hatte sie sich gewundert, warum die Familie wie eine schlechte Wahl auf sie wirkte, obwohl sie sich ausschließlich großartig verhalten hatten. Die Richterin hatte ihr geholfen ihre Gefühle in Worte zu fassen.

Es soll sich perfekt anfühlen

Sie hatten über die Möglichkeit der Adoption gesprochen und wie es wäre, wenn die Smiths zu ihrer Familie wurden. Dies war eine Entscheidung, die den Rest ihres Lebens beeinflusste und es musste sich 100% richtig anfühlen!

Dies war einfach nicht der Fall gewesen. Für die Smiths stand all dies gar nicht zur Debatte, aber Avas Gefühle waren diesbezüglich sehr wichtig. Frau und Herr Smith waren enttäuscht, aber konnten auch nicht wirklich wütend sein. So sehr sie sich Ava als ihre Tochter wünschte, wollten sie sie nicht davon abhalten, die perfekte Familie zu finden.

Diese Geschichte wurde aus Unterhaltungsgründen frei erfunden.